Nachlese ÖVQ-Webinar „Wie funktioniert es wirklich?“

Einblicke in die Good Practices der Siemens AG Österreich & Lead Country Bundle Austria

Vortragender: Özgür Gülcem 

Co-Autor des “Praxishandbuch Interne integrierte Systemaudits

Selbstständiger Unternehmensberater mit Fokus auf integrierte Managementsysteme und Organisationsentwicklung. Seit 2021 ist er Netzwerkpartner der Quality Austria als Lead Auditor und Trainer.   

Gastreferent: Markus Stelzhammer 

Qualitätsmanager der Siemens AG Österreich & Lead Country Bundle Austria, sowie Lead Auditor Integrierte Managementsystem nach EOQ mit mehr als 15 Jahren internationaler Auditerfahrung verschiedenster Managementsystemstandards (ISO9001 /14001/ 45001/ 50001/ 27001/ SCCP)

Frage Özgür Gülcem: Wie gestaltet ihr das Auditwesen bei Siemens?

Antwort Markus Stelzhammer:

Bei Siemens hat sich die Effizienz im Auditwesen signifikant durch die Implementierung eines virtuellen Auditorenpools verbessert, welcher global agiert und es ermöglicht, etwa 40 Auditoren quer durch diverse Businessunits in unterschiedlichen Ländern effektiv einzusetzen. Unser Auditplanungsansatz folgt einem risikoorientierten Prinzip, welches notwendige Flexibilität gewährt und gleichzeitig einen Planungszyklus für integrierte Audits aufrechterhält.

Die Audit Policy von Siemens unterstreicht die Präferenz für integrierte Audits, bei denen verschiedene Prüfbereiche in einem einzigen Auditprozess und -vorhaben zusammengeführt werden. Diese Policy definiert präzise die Rollen und Verantwortlichkeiten der auditierten Einheiten, der Auditoren sowie der Verantwortlichen für das Auditprogramm. Des Weiteren werden finanzielle Rahmen- und Prozessvorgaben etabliert, um eine transparente und faire Verrechnung der Auditkosten sowie die Durchführung aller Audits gemäß bestehenden Erfahrungen, besten Praktiken und regulatorischer Anforderungen sicherzustellen.

 

Frage: Warum integriert?

Die Entscheidung für integrierte Audits basiert auf der Erkenntnis, dass sich Anforderungen oft überschneiden und die Effizienz durch die Zusammenführung ähnlicher Fragestellungen gesteigert werden kann. Durch die Festlegung von jährlichen Fokusthemen und die Kombination aus Generalistensicht, Bewertung von Wechselwirkungen und tiefgehenden, spezifischen Auditblöcken kann Siemens eine umfassende und effiziente Prüfung der Geschäftsprozesse gewährleisten.

 

Frage: Muss jeder Auditor Experte zu allem sein?

Nicht jeder Auditor muss ein Experte in jedem Bereich sein. Siemens setzt auf eine Kombination aus Generalisten, die einen breiten Überblick bieten, und Spezialisten, die spezifische Standards abdecken. Ein internes Ausbildungsprogramm und Sharepoint-System unterstützt den Informationsaustausch unter den Auditoren, was besonders bei der Komplexität eines Unternehmens wie Siemens von Vorteil ist.

 

Frage: Wer darf nicht auditieren?

Um die Integrität und Unabhängigkeit der Audits zu wahren, dürfen Auditoren nicht ihre eigenen Bereiche prüfen. Die Zusammenstellung des Auditorenteams folgt spezifischen Kriterien, wie Unabhängigkeit, Berufserfahrung, Domain- und Prozess-Know-How, Sprachkenntnisse und die Fähigkeit, normgerechte Dokumentationen zu erstellen.

 

Frage: Was sind potenzielle Konfliktthemen?

Konfliktpotenziale umfassen unter anderem Sprachbarrieren, die Art und Weise, wie Auditoren ihre Empfehlungen kommunizieren, und das Management der professionellen Beziehung zwischen Auditor und Auditierten. Es wird großer Wert daraufgelegt, dass Auditoren den Geschäftsnutzen ihrer Empfehlungen deutlich machen und professionelle Distanz wahren, um die Objektivität des Audits zu sichern.

 

Frage: Was ist wichtiger, Fachwissen oder Systemwissen?

Siemens sieht Fachwissen und Systemwissen als gleichermaßen wichtig an. Während Systemwissen essenziell ist, um Risiken im Gesamtkontext zu bewerten, ermöglicht Fachwissen eine tiefgehende Untersuchung spezifischer Bereiche. Ein effektives Audit erfordert daher eine Balance aus Generalisten und Spezialisten.

 

Frage: Was sind Rahmenbedingungen um den Auditor/die Auditierten zu schützen?

Um den Schutz sowohl der Auditoren als auch der auditierten Einheiten zu gewährleisten, legt Siemens großen Wert auf Vertraulichkeit und die Unabhängigkeit der Auditoren. Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Auditor und Auditierten ist ausgeschlossen, und es existieren klare Mechanismen für Feedback und Eskalation, sollte es zu Unstimmigkeiten kommen.

 

Frage: Wird überall gleich auditiert oder werden Auditziele individuell abgestimmt?

Die Auditziele werden auf die spezifischen Anforderungen der geprüften Einheiten und die übergeordneten IMS-Ziele abgestimmt. Eine gründliche Vorbereitung, die auch eine Auseinandersetzung mit aktuellen Themen der Geschäftseinheit, bestehenden Prüfergebnissen, Risiken und Chancen einschließt, ist für die Effektivität und Effizienz der Audits essenziell.

 

Frage: Werden alle Nachweise in den Auditbericht geschrieben?

Siemens verfährt so, dass bei Abweichungen stets die entsprechenden Nachweise im Auditbericht angeführt werden und unmittelbar Abhilfemaßnahmen definiert werden müssen. Der Bericht konzentriert sich auf spezifische Beobachtungen und Empfehlungen, die Potenziale zur Verbesserung und Stärken beinhalten, um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Auditergebnisse zu gewährleisten.

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